JAGD UND WALD
Unzulänglichkeiten des Jagdrechtes
Ein
wichtiges Hindernis für eine wirkungsvolle Bejagung, besonders des Rehwildes
ist die Festlegung der jährlichen Jagdzeiten. Das einzige vernünftige Kriterium
für eine jahreszeitliche Begrenzung der Bejagung ist die Absicht, geborene oder
ungeborene Jungtiere nicht durch Tötung des Muttertieres unkontrollierten
Qualen auszusetzen. Diesem Bemühen entspricht die Schonzeit für erwachsene
weibliche Rehe (Geißen) vom 1. Februar bis zum 31. August. Der Rehbock
dagegen hat Schonzeit vom 16. Oktober bis zum 15. Mai. Als Grund für diese
Regelung wird immer angegeben (z.B. Borchert), dass in dieser Zeit die Böcke,
weil sie kein Geweih tragen, von den Jägern zu leicht mit den dann geschützten
Geißen verwechselt würden. Dieses Argument ist aber nur vorgeschoben, denn
bekanntlich haben die meisten Säugetiere außer Geweihen auch noch andere
Geschlechtsmerkmale, an denen sich der Jäger orientieren könnte. Tatsächlich
geht es darum, sicher zu stellen, dass kein Rehbock ohne Trophäe, also
"waffenlos" erlegt wird. Dies gälte als "unweidmännisch".
Man möchte das Wild im fairen Zweikampf mit "gleichen Chancen"
erlegen. Was die Rehe von diesem Angebot halten, ist nicht bekannt, aber der Verdacht
liegt sehr nahe, dass ihnen an dieser Regelung nur wenig liegt.
Nun
bräuchte man solches Brauchtum nicht weiter ernst zu nehmen, wenn es nicht
Folgen für die Erfüllung eines waldverträglichen Abschusses hätte. Die Folge
ist aber, dass nur während der sechs Wochen vom 1. September bis zum 15.
Oktober alle "Sorten" von Rehen geschossen werden dürfen. Während
der gesamten anderen Jagdzeiten sind immer entweder nur Kitze oder Schmalrehe
(junge Weibchen) und Böcke oder Kitze, Schmalrehe und Geißen (adulte Weibchen)
frei. Dadurch werden die Tiere zwar fast das ganze Jahr über durch Bejagung
beunruhigt, aber die Jäger können nie alle Schussgelegenheiten nutzen. Die
Jagd wird sehr ineffizient.
Auch
der Bundesrat hat auf Antrag des Bundeslandes Hamburg am 17.2.1995 einen
entsprechenden Beschluss gefasst. Dieser wurde aber leider vom Bundesminister
für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Borchert) nicht akzeptiert,
"weil dies zur Folge hätte, dass bei Drückjagden nach dem 15.10. das
Rehwild nicht einwandfrei angesprochen und damit nicht selektiv erlegt würde.
"Dies", so heißt es weiter, "würde auch unserem Verständnis von
der Verpflichtung der Jäger zur Hege des Wildes und zur Beachtung der
Grundsätze der Weidgerechtigkeit widersprechen".
So
scheint in Deutschland weiterhin das merkwürdige Hobby eines verschwindend
geringen Anteils der Bevölkerung politisch höher bewertet zu werden als der
Schutz des Eigentums, die Möglichkeit zu naturverträglichem Waldbau, die
Funktionsfähigkeit der Schutzwälder und das dringende Anliegen des BUND und der
anderen Großen Naturschutzverbände, der forstlichen Fachverbände und des
progressiven Ökologischen Jagdvereines.