JAGD UND WALD
Unsere Abschussforderungen,
ein Konfliktfall mit dem Tierschutz?
Während
bei naturschützerischen Betrachtungen in der Regel die Funktion von
Ökosystemen im Mittelpunkt steht, sind das bei typischen Betrachtungen des
Tierschutzes die Schicksale von Tier-Individuen. Sie sollen nicht leiden
oder getötet werden.
Dieser grundsätzliche Unterschied führt bei Diskussionen über die Überhege von
Schalenwild häufig zu Kontroversen zwischen den beiden Gruppen, weil von der
Seite des Naturschutzes dabei regelmäßig die Forderung nach einem erheblichen
Reduktionsabschuss kommt. Jeder Abschuss erscheint aber besonders hoch
motivierten Tierschützern als "Mord". Mit dem Austausch der
Abschussforderung und dieser Einstufung ist aber meistens der konstruktive Teil
des Gesprächs - zur Freude der Hobbyjäger - zu Ende.
Dies muss nicht sein, denn zwei Überlegungen zur Populationsdynamik können
solche Situationen entschärfen und die Koalition zwischen den Gegnern des
Tötens aus Lust endgültig wiederherstellen.
Zur anschaulichen Darstellung der Überlegungen sind in der untenstehenden
Tabelle Zahlen für einen gedachten Rehwildbestand und seine Populationsdynamik
angegeben. Diese Zahlen und Annahmen sind natürlich kein perfektes Modell
der Populationsdynamik von Rehwildbeständen, aber sie sind genau genung, um das
Prinzip vorzustellen! Die Zahlen stimmen für 2001 ungefähr überein mit den
Angaben der deutschen Jagdbehörden und des DJV.
Die wichtigste Größe für diese Diskussion sind 1.000.000 Abschüsse (je zur
Hälfte Weibchen und Männchen) im Jahr 2001, die die Tierschützer verringern
oder verhindern wollen. Sie entsprechen zahlenmäßig 1.000.000 Kitzen, die von
750.000 Muttertieren geboren werden.
Wenn die Dinge weiterlaufen wie bisher, gäbe es im Jahr 2002 wieder von 750.000
Weibchen 1.000.000 Kitze und wieder eine Million Abschüsse. So könnte es weiter
gehen, bis der Wald endgültig ruiniert ist und alle Tierschhützer wahnsinnig
sind.
|
Anzahl |
Anzahl |
Anzahl |
2001 |
750.000 |
1.000.000 |
1.000.000 |
2002 |
750.000 |
1.000.000 |
1.000.000 |
2003 |
750.000 |
1.000.000 |
1.500.000 |
2004 |
500.000 |
667.000 |
1.000.000 |
2005 |
250.000 |
360.000 |
360.000 |
2006 |
250.000 |
360.000 |
360.000 |
Würde die Jägerschaft aber zum Beispiel in 2003 einmalig (!) in einem Reduktionsabschuss 1.500.000 Rehe schießen ( das wären 500.000 "Morde" zusätzlich) wobei Männchen und Weibchen gleich betroffen wären, dann gäbe es 2004 nur noch 500.000 Weibchen mit 667.000 Kitzen. Würden in diesem einen Jahr - zwecks weiterer Reduktion - trotzdem wieder wie früher 1.000.000 Rehe (1:1 Männchen:Weibchen) geschossen, dann gäbe es 2005 noch 250.000 Weibchen mit 360.000 Kitzen. Von diesem Jahr an könnte die Anzahl der Abschüsse auf 360.000 pro Jahr abgesenkt werden. Das wären, nach einem zusätzlichen Reduktionsabschuss von 500.000 Rehen, ab 2005 ...
1. alljährlich 640.000 "Morde" weniger als bisher.
2. Den dann
lebenden Rehen ginge es besser, weil ihr Lebensraum weniger
übernutzt würde und weil der Jagddruck nachließe.
"Trophäenstärke" und Fortpflanzungsrate würden steigen,
aber der regenerierte Wald würde auch mehr Rehe ernähren können.
3. Auch alle
anderen Mitglieder der natürlichen Waldgesellschaft
hätten bessere Überlebenschancen.
4. Den Forstwirten blieben riesige ökonomische Schäden erspart
5. und die
"Schadstofflobby" hätte endlich keine Möglichkeit mehr,
darauf hinzuweisen, dass ihr positives Tun wichtiger sei
als das "perverse Hobby" von 0,1 % der Bevölkerung,
das mindestens so waldschädlich sei wie ihre Abgase.
Das aber prangere niemand an.
Noch wesentlich schneller
und/oder weniger blutig könnte derselbe Effekt erzielt werden, wenn bei der
Jagd bevorzugt Weibchen geschossen würden. Es gibt zwei Gründe dafür, dass dies
nicht geschieht:
1. Weibchen tragen keine "Trophäen".
Mann erlegt also keinen "würdigen" Beleg für seine Tat.
2. Wer viel erschießen will, der braucht viel Nachwuchs,
und dabei sind bekanntlich die "Frauen" der Engpass.
Schließlich sei am Rande des Themas im engeren Sinne noch angemerkt, dass es
eine weitere sehr einfache Möglichkeit gäbe das Problem zu reduzieren. Es ist
bekannt, dass man durch künstliche Fütterung die Fruchtbarkeit von Rehgeißen um
bis zu 40 % steigern kann. Solche Fütterungen sind aus offensichtlichen Gründen
verbreitet obwohl sie großenteils sogar illegal sind. Dabei muss klar sein,
dass solche Fütterungen im Winter zwar momentan Tierleben retten. Auf lange
Sicht aber unterbinden sie die genetische Anpassung der Tierpopulationen an
Belastungszeiten wie sie im Lebensraum von Natur aus vorkommen. Das Ergebnis
sind mehr Kinder unangepasster Eltern, die dann letztlich doch sterben, weil
ein kontinuierlicher Fütterungsdienst auch mit größtem Aufwand nicht machbar
wäre. Er wäre auch aus keinem Blickwinkel wünschenswert.
Also:
Konfliktträchtig ist das Thema nur
mit den „tötungsgeilen Böcken im grünen Rock“,
die allerdings ihr Seelenleben sehr erfolgreich zu pflegen wissen.
"Tierschützer" und "Naturschützer" sollten sich nicht von
jenen
gegen einander ausspielen lassen.