Auwälder

Auwälder sind wahrscheinlich (Genaues weiß man nicht!) neben den Eichen-Hainbuchen-Wäldern die artenreichsten und produktivsten Lebensgemeinschaften Mitteleuropas. Sie werden deshalb immer wieder als unsere heimischen "Pendents zu den tropischen Regenwäldern" bezeichnet. Gleichzeitig sind sie Holzwirtschaftlich kaum interessant.

Fast alle Auwälder Deutschlands wurden durch "Flussregulierungen" (Hochwasserfreilegung), oder wo es möglich war , durch "Umwandlung" in holzwirtschaftlich ertragreichere Forste, zerstört. Der Spiegel hat ersteres für den Oberrhein anschaulich dargestellt. 1994 gab es in den alten Bundesländern nur noch etwa 50.000 ha größerer Auwaldflächen und dazu nochmals etwa die gleiche Fläche kleiner flussbegleitender , auwaldähnlicher Wälder. Beispiele gibt es am Lech in Tirol und am Lech in Bayern. Die Geasmtfläche entsprach etwa einem Prozent der westdeutschen Waldfläche. Der größte Teil davon ist nicht mehr in einem Zustand, welcher der natürlichen Lebensgemeinschaft wirklich entspricht.

Auwälder gehören deshalb zu unseren
schützenswertesten Lebensgemeinschaften und Landschaftselementen.

Auwälder sind wie die Bruchwälder an wasser gebunden. Sie stehen aber meist an fließenden Gewässern und auf Geröll, Sand oder Auelehm. (Bruchwälder stehen auf Torfböden.) Sie sind natürlicher Weise deutlich mit Bezug zum Gewässer strukturiert. Dabei spielen wechselnder Wasserstand, wechselnde Strömungsgeschwindigkeit und Geschiebefracht  des Flusses ein zentrale Rolle. Mit der Ablagerung von Geschiebe und feinem Gesteinsmehl erfolgt ein kräftige natürliche Düngung, die sich im Artenspektrum und in der Produktivität wiederspiegelt. Es bilden sich Stellen, an denen bei Hochwasser Seitenzweige des Hauptflusses abzweigen (Furkation) und dahinter können große Flächen mit Sediment überdeckt werden. Es entstehen oft sehr reizvolle Bilder. Gelegentlich können große Treibholzablagerungen am Ufer oder auf Kiesbänken Lebensraum für Spezialisten bilden.

Alle Mitglieder dieser Lebensgemeinschaften müssen auf die extremen Schwankungen der Lebensbedingungen eingestellt sein. Deshalb sind hohe Regenerationsfähigkeit, Überflutungstoleranz und Schnellwüchsigkeit von besonderer Bedeutung. Beispiele dafür sind viele Weidenarten, die  selbst nach Entwurzelung und Verfrachtung scheinbar ungeschädigt weiterwachsen

Für die Geländestruktur an rasch fließenden und sedimentreichen Flüssen spielen Weiden eine besonders wichtigste Rolle, weil sie neues Sediment rasch fixieren können. Eine botanische Besonderheit mit ähnlicher "Funktion" ist die Deutsche Tamariske auf Geröllflächen der südbayerischen Gebirgsflüsse. Wasserferner folgen Erlen, Eschen, Schwarzpappeln, Hasel und dann Eichen oder Kiefern (Übergang zum Schneeheidekiefernwald!) und in Alpennähe Fichten. Wo die Austrocknung weiter voranschreitet (und eventuell starker Schalenwildverbiss hinzukommen), breitet sich der Gemeine Wacholder aus, der wohl wegen seiner hart-spitzigen Nadeln nicht verbissen wird. An Sedimentarmen Flüssen (unterhalb von Seen), an denen sich dauerhafte Bodenstrukturen bilden können, entfällt die Weidenaue und die Erlen rücken bis ans Wasser vor.

Die jüngst umgelagerten Geröll- oder Sandflächen werden bald von schmalblättrigen Weidenarten besiedelt, deren Samen vom Wind oder vom Wasser transportiert wurden. Da Weiden schnellwüchsig aber kurzlebig sind, entstehen hier oft große Totholzvorräte, die ihrerseits Lebensgrundlage für Pilze und Hunderte anderer Lebewesen sind.  Unter den lebenden Weiden steht gerne die Pestwurz. An kleinen, ruhigen Restgewässern steht die Sumpfdotterblume, die dort sehr dekorativ sein kann. Wo der Boden besonders nährstoffreich ist (bes. Stickstoff), gibt es natürliche Standorte der Brennnessel.

Wo der Boden bereits längere Zeit ruhig lag, wachsen Wechselblättriges Milzkraut, Bärlauch und Gefleckte Taubnessel.

Unter den Tieren ist der um 1960 in Westdeutschland, Österreich und der Schweiz fast ausgerottete Biber eigentlich für die Erhaltung der natürlichen Struktur und Dynamik der flussnahen Auwaldstruktur am wichtigsten. Er sorgte durch viele kleine und manche großen Biberdämme für den natürlichen Wasserhaushalt der Böden und der Landschaft. Daneben sorgte er durch regelmäßige Nutzung (Fällung) der raschwüchsigen weichholzigen Baumarten für die Erhaltung seiner Lebensgrundlage. Damit waren die Flächen stets stark besonnt, sodass auch als Verjüngung überwiegend die "Pioniere" Weiden, Erlen und Schwarzpappeln wuchsen.

Bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts spielten die Auwälder des Voralpenlandes eine zentrale Rolle für die Erhaltung der alpinen (Schutz)Wälder. Sie waren Winterquartier ("Wintereinstand") der alpinen Rothirsche. Diese großen Tiere ernährten sich normalerweise (ohne Touristen- und Jagddruck) im Sommer überwiegend von der Vegetation oberhalb der Waldgrenze. Im Herbst zogen sie innerhalb weniger Tage durch den Wald in die Tallagen. Dort verweilten sie einige Tage und zogen dann in einer spektakulären Wanderung entland der Flüsse hinaus ins Voralpenland bis in die Auwälder bei Landshut und Freising. Diese extrem produktiven Wälder (mildes Klima, hoher Nährstoffvorrat gute Wasserversorgung) aus besonders regenerationsfähigen Gehölzen und einer reichlichen Krautschicht hatten meist nur ein geringe Schneedecke, sodass niedrige Gehölze und die (teilweise abgestorbene) Krautschicht nutzbar blieb. Außerdem waren die aufwachsenden Gehölze zum Teil sehr reichlich vorhanden. Damit waren die Hirsche über den Winter gut versorgt ohne dass "Schaden" entstand. Im Frühjahr wanderten die Hirsche zunächst zurück bis zu ihren "Talstationen" und erst mit der Schneeschmelze zurück in ihr Sommerquartier in den Hochlagen. Sie ernährten sich nur wenige Tage bis Wochen auf Kosten des Bergwaldes.

Anfang des 19. Jahrhunderts begannen die adeligen "Jagdhelden" aus Jagdneid durch Winterfütterung im Gebirge die Hirsche "ans Gebirg zu gewöhnen", also ihnen das Wandern abzugewöhnen. Heute haben die Hirsche oberhalb der Waldgrenze durch Touristen und Jäger kaum noch Ruhe. Sie bleiben unnatürlich lange Zeit im Wald. Die herbstliche Wanderung endet in der Regel am talseitigen Rand des Schutzwaldes, denn Verbauung und menschliche Aktivitäten machen die Wanderung unmöglich. Damit leben diese großen Tiere einen sehr großen Teil des Jahres von den Knospen (!!) der jungen Bäume. Die Wirkung ist dramatisch. Sie ist auf den Seiten über die Jagd differenzierter dargestellt.

Weitere typische Vögel der Auwälder sind Pirol in tiefen Lagen und die Weidenmeise. Diese hübsche kleine Meise kann sich on das weiche Holz der Bäume der Weichholzaue eine Bruthöhle zimmern, wie sie von den Spechten allgemein bekannt sind. Wo das Wasser nicht zu stark strömt taucht die Wasseramsel nach Futter und in vegetationsfreie Prallhänge gräbt der Eisvogel seine Neströhren. Auf den höheren Bäumen der Hartholzaue bauen die Graureiher ihre Nistkolonien und die Fischadler ihre Horste.

Unter den Insekten leben besonders viele Libellen- und Mückenarten an stillen Altwässern und Kleingewässern. In alten Weiden bohrt der Weidenbohrer und auf den Geröllbänken der Alpinen Auen fällt die Rote Schnarrheuschrecke auf.